Der Anwalt der Hunde, wie er sich selbst einmal genannt hatte, gastierte gestern in der ausverkauften Bensheimer Weststadthalle. Zu Beginn der Show lief auf der Leinwand „Was eure Hunde wohl gerade denken? “, alleine diese „Hinführung“ ließ kein Auge trocken. Dann war es soweit, Martin Rütter betrat pünktlich um 20 Uhr die Bühne. Auf seinem T-Shirt stand „Freispruch“, der Name seines neuen Programms. Mit viel Witz, Charme und Interaktion mit den Zuschauern verflogen die zweieinhalb Stunden Programm wie im Flug.
Martin Rütter hielt ein bellendes Plädoyer für die Beziehung von Hasso und Herrchen. Im Auftrag der Hunde und zur Aufklärung ihrer Menschen. Martin Rütter räumte mit dem Kommunikationsproblem, zwischen den geliebten Vierbeinern und ihren Herrchen, ein für alle Mal auf. Er holte die Haustiere runter von der knochenharten Anklagebank: Die Ausgestoßenen, die Ausgesetzten und auch die Ausgebüxten. Denn was wir eigentlich alle längst wissen sollten, aber kaum zu denken wagen, bringt der Hundeprofi Nummer 1 unmissverständlich auf den Punkt: SCHULD ist nie der Hund und er wirft die Frage auf: „Aber wer eigentlich dann? Und warum?“
Martin Rütter klärte die Zuschauer auf – in seiner neuen Live-Show „FREISPRUCH!“. Er lotste in seiner unvergleichlichen Art zielsicher durch den skurrilen Beziehungsdschungel von Mensch und Hund. Er zückte sein Handbuch, dass die wirkliche Wahrheit an den Tag brachte. Denn Martin Rütter weiß eines ganz genau: Der tierisch-menschliche Alltag hat seine eigenen Gesetze. Und jeder Problemfall seine eigene Geschichte. Auch wenn der Postbote zum Jagdobjekt umfunktioniert wird, auch wenn Bello am Essenstisch zum König der Bettler mutiert und wenn sich der ach so freundliche Schwanzwedler plötzlich doch als rasender Rüpel entpuppt, dann plädierte der Verteidiger aller Vierbeiner ganz klar auf „FREISPRUCH!“. Denn schließlich erzählte er uns, wer’s wirklich verbockt hat – fachlich, analytisch und vor allem richtig lustig.
Zumindest ist er bei seinem Programm „Freispruch“ der Anwalt des vermeidlich schuldigen Hundes. Nach seinem Plädoyer darf das Publikum entscheiden: Freispruch oder Tierheim. Da ging es um Kira, einen zweijährigen Mischling, der wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, sprich Frauchen, angeklagt war. Kira kam nicht, egal wie oft Frauchen rief oder lockte. Die Hündin kam, wenn sie es wollte.
Diesen Moment, wenn man alleine mit der Leine in der Hand in der Gegend steht, der Hund am Horizont verschwindet, hat wohl jeder Hundehalter schon einmal erlebt. Und deshalb fesselten die Darstellungen Rütters das Publikum auch direkt. Das sind die Geschichten, die Menschen kennen und hören wollen, denn der Hundetrainer hatte für die meisten Probleme auch gleich eine Lösung zur Hand.
Mit viel Witz und einer guten Portion Augenzwinkern ging er an die Sache heran und hatte zum Schluss einen ganz überraschenden Tipp: „Wenn der Hund partout nicht kommt, beim nächsten Mal einfach die Leine dran.“ Natürlich wurde Kira vom Publikum freigesprochen.
So wie Kira wurde auch Luna freigesprochen, die im ewigen Krieg mit dem Postboten lag. Auch Buddy, der Berner-Sennenhund, der auch beim dritten Mal durch die Begleithundeprüfung fiel, musste nicht ins Tierheim. „Der Mensch ist kein Hund“. Je länger Rütter auf der Bühne war, desto mehr kam er in Fahrt. Er erzählte überaus lustig die Begegnung einer französischen Bulldogge mit einem Dobermann und gab den Hundehaltern mit auf den Weg: „Der Mensch ist kein Hund, und der Hund ist kein Mensch, auch wenn er mit dem Frauchen Shopping Queen schaut.“
Jeder der 1950 Zuschauer konnte sich in den einzelnen Situationen mal mehr mal weniger selbst wiederfinden. Die Lachmuskeln wurden an diesem Abend auf jeden Fall sehr strapaziert. Eine tolle Show und somit ein wirklich gelungener Abend.
Bemerkenswert war auch, dass es Martin Rütter nicht entging, das man das Publikum anhand der Hausordnung der Weststadthalle „genötigt“ hatte, die Jacken gegen einen Endgeldpreis von 1,00 € an der Garderobe abzugeben. Die verpflichtende Abgabe wurde in Dauerschleife vor Beginn der Show durch die Lautsprecher angesagt. Es wurde bereits bei Einlass peinlichst genau darauf geachtet, dass jeder einzelne dieser Aufforderung nachkam. Nach der Pause machte Rütter den genialen Vorschlag, dass doch die Hallenbesitzer diese Einnahmen an den ausstellenden Tierschutzverein spenden solle, denn dann hätte es doch auch einen positiven Effekt, der dann allen dienen würde. Außerdem verkündete Rütter, dass wenn es tatsächlich zu dieser Spende käme, dann lege er nochmals den gleichen Betrag dazu. Tosender Beifall war die Antwort des Publikums. Warten wir die Entscheidung der Hallenbetreiber ab.